Frage: Ich habe über viele Jahre hinweg aufopfernd aber auch aus innerer Überzeugung meine langjährige Freundin und Nachbarin bis ins hohe Alter versorgt und gepflegt. Ich habe nie eine Bezahlung hierfür verlangt, da meine Freundin - ich habe dieses Testament selbst gesehen - mich zu ihrer Alleinerbin eingesetzt hat. Nach Ihrem Tode hat sich nun aber herausgestellt, dass es ein aktuelleres Testament gibt, in dem sie einen mir nicht bekannten Neffen zu ihrem Alleinerben einsetzt. Ich bin völlig leer ausgegangen. Ich bin natürlich bitter enttäuscht und frage mich, ob ich jetzt doch noch etwas für meine Arbeit verlangen kann.
Antwort: Bei derartigen Sachverhalten ist zunächst zu unterscheiden, um welche Art des Kontaktes und der Unterstützung/Hilfestellung es sich handelt. Geht es „nur“ um einen gelegentlichen Kaffeeklatsch, um Spaziergänge und kleine Hilfestellungen, so ist in der Regel von „Dienstleistungen“ unter moralischen und sittlichen Gesichtspunkten auszugehen, die üblicherweise nicht entlohnt werden.
Von der Rechtsprechung ist jedoch anerkannt, dass es im Fall einer sogenannten fehlgeschlagenen Vergütungserwartung einen Lohnanspruch gibt. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass für den (späteren) Erblasser - in Erwartung der späteren Erbeinsetzung - Dienste geleistet werden, der Erblasser darum weiß und er diese Dienste in Kenntnis dieser Erwartung entgegen nimmt. Dabei muss es sich jedoch um Dienste handeln, für die üblicherweise auch ein Lohn zu zahlen wäre - z.B. Hilfe in Haushalt und Garten, Pflege oder Fahrten zum Arzt usw. Es gibt also einen, wenn auch nur beschränkten Schutz vor wankelmütigen Erblassern, in eingeschränktem Umfang. Vor Enttäuschung ist man natürlich nicht geschützt.
Tipp: Geleistete Dienste sind natürlich nur dann zu vergüten, wenn sie auch nachgewiesen werden. Wer also einem Erblasser in der Hoffnung auf ein späteres Erbe hilft, sollte seine geleisteten Dienste genau dokumentieren und Belege für den Fall sammeln, dass es später dann doch nicht zu einer Erbeinsetzung kommt. Unter Umständen ist es auch sinnvoll, vorab eine entsprechende schriftliche Vereinbarung oder einen Erbvertrag zwischen Erblasser und Helfendem abzuschließen. Bei der Festlegung der Höhe der Vergütung hilft die Einführung des Mindestlohnes nunmehr deutlich weiter.